COFAD

 

Fischerei und Aquakultur im Binnenland

Syrien

 

Euphrat

Der Euphrat bei Jerabos, Nord-Syrien

Hintergrund

Die Binnengewässer Syriens erstrecken sich über etwa 130.000 ha Fläche. Der weitaus größte Teil wird fischereilich genutzt, der Euphrat als wichtigster Fluss des Landes seit Menschengedenken. 

Fischfang, Produktion und Handel beschäftigten 1997 etwa 5.000 Personen. Im selben Jahr lag die Fischerzeugung bei ca. 10.000 t, überwiegend Karpfenartige, Welse und Buntbarsche mit einem Marktwert von umgerechnet rund 14 Mio. EUR. Fisch ist als Nahrungsmittel sehr beliebt; die Nachfrage zog seit Jahren an und war deutlich größer als das Angebot. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag jedoch mit durchschnittlich 0,7 kg im Vergleich zu anderen arabischen Ländern (8 kg) und dem Weltdurchschnitt (13 kg) außerordentlich niedrig.

Die Fischereipolitik Syriens zielte deshalb auf eine Erhöhung des Marktangebotes, vor allem aus eigener Produktion. Dies war aber nicht einfach zu erreichen, u.a. auf Grund von Wasserverknappung und der noch andauernden Umstellung von der Plan- zur Marktwirtschaft. Im Rahmen der bilateralen technischen Zusammenarbeit mit Deutschland beantragte daher die syrischen Regierung 1990, ihre Bemühungen zur Entwicklung der Binnenfischerei durch Beratung zu unterstützen.

 

Das Projekt

Das gemeinsam mit der Fischereibehörde des syrischen Landwirtschaftsministeriums geplante Projekt begann 1993 mit dem Ziel, die syrischen Binnenfischerei- und Aquakulturressourcen besser zu nutzen und somit die Marktversorgung mit heimischem Fisch zu steigern. Der deutsche Projektbeitrag wurde durch die Arbeitsgemeinschaft COFAD (Federführung) und GOPA im Unterauftrag der GTZ erbracht; er endete 1999.

Syrien

Syrien; grün markiert sind die Bewässerungsgebiete um Raqqa und Deir ez-Zor, die den Kern des Zielgebiets des Projektes ausmachten

Zielgebiet der Intervention war der Mittlere Euphrat. Das Projekt war überwiegend zielgruppenorientiert und richtete sich an die prospektiven "Fischbauern" der landwirtschaftlichen Bewässerungsgebiete, in erster Linie Landwirtsfamilien (ca. 4.000 Personen), die staatlichen und privaten Betreiber der Bewässerungsanlagen (Staatsfarmen, Bewässerungskooperativen etc.) sowie, allerdings nur am Rande, die ca. 2.500 Fischer des Euphratsystems und deren Familien, insgesamt ca. 15.000 Personen.

Das Projekt war in fünf Arbeitsfeldern tätig:

 

Konventionelle Fischzucht in Bewässerungsgebieten

Das Projekt hatte sich zum Ziel gesetzt, die Karpfenteichwirtschaft als integralen Bestandteil landwirtschaftlicher Produktionssysteme in den Bewässerungsgebieten am Euphrat einzuführen bzw. zu konsolidieren. Zum Zeitpunkt der Formulierung des Projektes war Teichwirtschaft im Zielgebiet noch praktisch nicht vorhanden, sie wurde aber in anderen Landesteilen, insbesondere dem Ghab-Gebiet, seit längerem erfolgreich betrieben. Durch das Projekt und teilweise durch parallele private Initiative entstanden im Zielgebiet zahlreiche Fischfarmen. Zum Projektende existierten 58 Betriebe mit rund 94 ha teichwirtschaftlicher Nutzfläche. Die Mehrzahl der Teiche wurde auf Bewässerungsland errichtet, das durch Versalzung nicht mehr für die Pflanzenproduktion geeignet war.

Abfischung

Abfischung eines Teichs in der staatlichen Versuchsstation

Die Leistungen des Projektes umfassten die Unterstützung des Aufbaus einer staatlichen Teichwirtschaftsstation, die Sicherstellung der Versorgung mit Satzfischen und die Schulung von Teichwirten sowie der zuständigen Verwaltungsbeamten.

Die neuen Fischzuchten arbeiteten insgesamt sehr erfolgreich; problematisch blieb, dass Teichwirtschaft ursprünglich nicht als eine Form der Nutzung von Bewässerungsland vorgesehen war und die rechtliche Situation der Fischfarmen daher nicht in allen Fällen hinreichend gesichert werden konnte.

 

 

Abwechselnde Nutzung von Flächen zur Erzeugung von Fisch und Feldfrüchten

Die Tätigkeit des Projektes beschränkte sich nicht darauf, eine alternative Nutzung versalzener Bewässerungsflächen in Form von Teichwirtschaft zu propagieren; zusätzlich wurden noch Versuche unternommen, solche Flächen durch temporäre Nutzung als Teich zu rehabilitieren und rotationsmäßig dort Fisch und Feldfrüchte zu produzieren.

 

versalzener Boden

Versalzener Boden in einem Bewässerungssystem des Zielgebiets

 

Nach einer Periode der Fischproduktion wird der Teichboden mit Tomaten, Okkra und Auberginen bepflanzt ...

 

Frauen bei der Aussaat
Pflanzen

... die durchaus anwachsen. Allerdings blieben Anzahl und Gewicht der Pflanzen hinter dem Durchschnitt für nicht-versalzene Böden zurück.

 

Die Versuche ergaben eine sehr ertragreiche Fischproduktion und belegten, dass durch Teichwirtschaft temporär eine deutliche Reduzierung des Salzgehaltes im Boden zu erreichen ist. Der Anbau von Gemüse auf diesen Flächen nach einer teichwirtschaftlichen Periode erwies sich als möglich, die Erträge blieben aber hinter den Erwartungen zurück. Grund war u.a. ein schneller Wiederanstieg der Salzbelastung im Boden. Zudem lag es nicht im Aufgabenbereich des Projektes, Versuche zur Optimierung des Gemüseanbaus unter den spezifischen Bedingungen vorzunehmen. Eine Erhöhung des Ertrags erscheint aber durchaus erreichbar. Anzumerken ist, dass die hohen durch Fischproduktion erzielbaren Gewinne privaten Kleinbauern ohnehin wenig Anreiz gaben, die Flächen zeitweilig zur Produktion von Gemüse zu verwenden.

 

Wasserpflanzenbekämpfung in Be- und Entwässerungskanälen durch Fischbesatz

Be- und Entwässerungskanäle in landwirtschaftlichen Bewässerungssystemen sind stetig durch den Wuchs von Wasserpflanzen beeinträchtigt, die ihre Durchflusskapazität reduzieren. Die Kanäle müssen daher regelmäßig mit erheblichem Aufwand gereinigt werden. Das Fischereiprojekt führte daher Versuche durch, die Kanäle zur Aufzucht von Fischen zu nutzen und durch den Fischbesatz gleichzeitig die Wasserpflanzen zu bekämpfen.

Die Versuche verliefen sehr erfolgreich. Durch den Besatz von Karpfen (C. carpio), Grasfischen (C. idella) und Silberkarpfen (H. molitrix) konnte der Pflanzenwuchs sowie die Sedimentablagerung in Bewässerungskanälen praktisch völlig unterbunden, in Entwässerungskanälen drastisch reduziert werden. Gleichzeitig konnte eine gute Gewichtzunahme der Fische erreicht werden.

 

Kanal ohne Wasserpflanzen Kanal voll Wasserpflanzen

Im besetzten Versuchsabschnitt (linkes Bild) haben die Fische die Wasserpflanzen vollständig

beseitigt, der nicht besetzte Kontrollabschnitt ist mit Wasserpflanzen zugewuchert.

 

Die Methode konnte zur weiteren Verbreitung empfohlen werden. Bei der Umsetzung besonders zu beachtende Punkte (z.B. geeignete Absperrvorrichtungen für die Kanalabschnitte) wurden dem syrischen Partner dargelegt.

 

Management der Flussfischerei

Mit einer ökologischen Kartierung des Euphrats im Zielgebiet sowie der ersten systematischen Erfassung der Fischarten wurde ein Beitrag zum besseren Verständnis der Ökologie und der ökologischen Risiken dieses international bedeutenden Flusssystems geleistet.

 

Karte Euphrat

Fischereiökologische Kartierung des Euphrats

 

Auch wurden mit dem syrischen Partner erste Schritte für ein Management der Fischereiresourcen des Euphratsystems unter Einbeziehung der Beteiligten unternommen. So konnte die - erst im Verlauf des Vorhabens als Nebenaktivität eingeführte - Fischereikomponente des Vorhabens erste, aber wichtige Ergebnisse erzielen. Insbesondere wurden Grundlagen für die Erhaltung der Artenvielfalt der Euphratfischbestände sowie zur Eindämmung schädlicher Fischereimethoden erarbeiten. Allerdings ist der Handlungsbedarf in diesem Bereich groß: Durch hohen Fischereiaufwand, schädliche Fischereimethoden (Stromgeneratoren) sowie wasserbauliche Maßnahmen sind einige Fischarten im Euphrat vom Aussterben bedroht. Eine vorrangige Bearbeitung dieser Probleme war für eine weitere Projektphase vorgesehen, die dann aber mangels Mitteln nicht stattfinden konnte. Mit dem Schutz und Management der natürlichen aquatischen Ressourcen liegt daher wohl eines der wichtigsten entwicklungspolitischen Handlungsfelder noch weitgehend brach.

 

Konfiszierte Generatoren, die für die illegale Elektrofischerei verwendet worden waren

 

Generatoren
barbus esocinus

Der Farch (Barbus esocinus), der größte Fisch des Euphrat- und Tigris-Systems, ist heute stark bedroht

 

Stärkung der Fischereiverwaltung

Eine weitere Teilkomponente des Vorhabens war die Stärkung der syrischen Fischereiverwaltung. Durch Studien und technische Berichte in allen Arbeitsfeldern des Projektes sowie durch speziell konzipierte Trainingsmaßnahmen im Lande und in Europa wurde die Fischereiverwaltung gestärkt, um am Ende des Projektes ihren Aufgaben besser nachkommen zu können.

 

Weitere Informationen zum Projekt:

Liste ausgewählter Studien

Präsentation des Projektes (38 Folien)